Gastartikel von Felix Kade: Körperliche Beschwerden im Bäckerhandwerk

Körperliche Beschwerden im Bäckerhandwerk sind keine Seltenheit. Damit Sie körperlich weiter leistungsfähig bleiben, freuen wir uns besonders, Ihnen diesen inspirierenden Gastartikel des Experten Felix Kade auf Teigdesigner.de präsentieren zu dürfen.

 

Das Thema Bewegung, Gesundheit und Leistungsfähigkeit geht uns alle etwas an. In diesem Artikel lässt er Sie an seinem umfangreichen Fachwissen teilhaben.

 

Felix Kade ist Experte für schmerzfreies Training. Er gibt sein Wissen als Trainer, Dozent und Autor auf www.felixkade.de weiter, um seinen Kunden wieder Freude an Bewegung zu geben. 

 

 

Rückenprobleme bei Bäckern sind ein weit verbreitetes Phänomen. Die Gründe dafür sind vielfältig; allen voran körperlich anspruchsvolle und einseitige Tätigkeiten wie:

  • Mehlsäcke tragen

  • langes Stehen

  • Arbeiten mit gesenktem Blick

 

Um den körperlichen Beschwerden und Rückenproblemen bei Bäckern entgegenzuwirken, gehen wir in diesem Artikel darauf ein, wie sich Beschwerden entlang der Wirbelsäule beheben lassen, welche Übungen helfen und was du bei bereits bei bestehenden Problemen tun kannst.

 

Um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen, verweise ich an den passenden Stelle auf Artikel meiner Website. Dort findest du dann weiterführende Informationen und weitere Übungen, mit denen du gezielt an deinen Beschwerden arbeiten kannst.

 

Bereit? Los geht’s!


Ursachen für Beschwerden und Rückenprobleme bei Bäckern

Körperliche Beschwerden lassen sich häufig auf Tätigkeiten zurückführen, die wiederholt ausgeführt werden und damit zu muskulären Dysbalancen führen.

 

Werden diese nicht durch Ausgleichsübungen korrigiert, entstehen körperliche Beschwerden wie zum Beispiel Rückenschmerzen.

 

Insbesondere Handwerksberufe sind davon betroffen. Kein Wunder also, dass auch Rückenprobleme bei Bäckern zunehmen.

 

Während sich die Arbeitsweisen unterscheiden, habe ich einige Arbeitsschritte ausmachen können, die sich wiederholen und für körperliche Beschwerden und Fehlhaltungen verantwortlich sein können. Dies zu erkennen, bietet bereits das Potential für Lösungen, um die Ursache für Probleme zu beheben.


Ursache 1: Langes Stehen und Bewegungsmangel am Arbeitsplatz

Sitzen ist das neue Rauchen. Wird Stehen dadurch automatisch besser? Ganz klar: Nein!

 

Problematisch ist weder Sitzen noch Stehen. Problematisch sind Haltungen, die über einen langen Zeitraum eingenommen werden.

 

Hast du schon ein mal lange gestanden und Rückenschmerzen bekommen? Dann darfst du:

 

a) Deine Körperhaltung überprüfen: Gibt es Fehlhaltungen wie eine Beckenkippung, Überpronation der Füße oder einen Knievalgus?

Das kann interessant sein, denn die Gelenke unterhalb des Rückens haben einen Einfluss auf die Statik der Wirbelsäule.

 

b) Mehr Bewegung in den Alltag integrieren: Muskeln, die eine statische Arbeit über einen langen Zeitraum einnehmen, fangen an zu brennen und brennen irgendwann aus (Burnout lässt grüßen...).

Damit das nicht passiert, darfst du den Körper öfter durchbewegen. Zusätzlich lade ich dich ein, ein Haltung einzunehmen, in der der Rückenstrecker ökonomischer arbeitet.

 

Die Bracing-Sequenz ist dazu wunderbar geeignet:

 

  1. Stelle die Füße etwa zwischen hüft- und schulterbreit auseinander

  2. Verschraube die Füße gegen den Widerstand des Bodens. Du wirst eine Spannung im Gesäß spüren,

  3. Spanne das Gesäß einmal fest an. Das richtet das Becken neutral aus.

  4. Lege deine Hände in den unteren Rücken. Lehne dich vor und zurück. Spüre, wann der Rückenstrecker angespannt ist und wann nicht. Nimm eine Haltung ein, in der der Rückenstrecker entspannt ist.

  5. Fixiere die Wirbelsäule mit Rumpfspannung in Neutralstellung.

  6. Bringe deinen Kopf in Neutralstellung. Ziehe das Kinn dazu etwas zur Brust.

  7. Rotiere die Schulter nach außen.

  8. Genieße deine aufrechte Haltung und spüre die Erdung deines Körpers. Gut, oder?

 

Mehr zum Thema Körperhaltung erfährst du in meinem Buch POSTURE. Hier kannst du mehr erfahren.

 

Eine Neuausrichtung der Körperstatik kann schon dabei behilflich sein, Rückenprobleme zu beheben.

 


Ursache 2: Teig Kneten

Teig und Teig kneten ist das täglich Brot eines Bäckers. Das Wortspiel musste sein.

 

Doch auch hier offenbart sich eine Tätigkeit, die augenscheinlich harmlos ist, aber Ursache für Probleme sein kann.

 

Durch das Kneten wird vor allem die Flexoren in der Hand beansprucht. Die Extensoren kommen dabei zu kurz.

 

Das kann nicht nur zu Schmerzen im Handgelenk führen. Über fasziale Ketten kann sich dies sogar auf den Nacken und Kopf auswirken.

 

Durch eine einfache Stärkung der Finger-Extensoren lassen sich derartige Probleme beheben.

Dafür eignet sich dieses kleine Tool.

 

Einfach die Finger hineinlegen und auseinanderziehen.

 

Alternativ kannst du deinem Partner einen Blumenstrauß schenken. Diese werden häufig mit Gummis zusammengehalten, die sich auch wunderbar dafür eignen.

 

Das Freudestrahlen des Partners gibt es als Bonus obendrauf.


Ursache 3: Arbeiten mit gesenktem Blick

Wird lange gestanden und Teig geknetet, ist der Blick wo? Genau! Er wird gesenkt, um zu sehen, was die Finger da eigentlich so machen.

 

Das kann als eine Ursache für Verspannungen um Nacken und zwischen den Schulterblättern angesehen werden. Grund: Die Muskeln müssen den Kopf in einer exzentrischen Position fixieren.

Diese überdehnte und angespannte Position ist die anfälligste für Schmerzen.

 

In diesem Artikel habe ich die typische Dysbalance ausführlich erläutert. Wenn es dich interessiert, schau vorbei.


Ursache 4: Mehlsäcken heben und tragen

Wie hebst du Mehlsäcke auf? Einfach bücken, packen und aufstehen? Wie ist dein Rücken? Rund oder neutral gehalten?

 

Und wie trägst du Mehlsäcke? Immer auf derselben Schulter? Links und rechts gleichmäßig beladen?

 

Prof. Dr. Stuart McGill, führender Experte für Rückenprobleme, sagt, dass das Heben mit rundem Rücken DIE Ursachen für Bandscheibenschäden ist. Die Lendenwirbelsäule verträgt im Schnitt 100.000-120.000 Beugungen. Danach ist Schicht im Schacht.

 

Und nun überlege mal, wie oft du am Tag etwas mit rundem Rücken hebst? Mal hochgerechnet auf ein Jahr. Mal hochgerechnet auf fünf Jahre. Beängstigend, oder?

 

Ich persönlich mag meinen Rücken. Und weil ich möchte, dass auch dein Rücken möglichst lange gesund bleibt, empfehle ich dir die Übung Kreuzheben.

 

Oder anders formuliert: Schwere Dinge mit neutraler Wirbelsäule aufheben. Netter Nebeneffekt: Du bekommst einen starken Rücken und trainierst alle wichtigen Muskeln im Körper. Mehr für weniger geht gar nicht.

 

Leider ist diese komplexe Übung relativ schwer zu erlernen. Darum empfehle ich dir, diese Übung gemeinsam mit einem guten Trainer zu erlernen.

 

In diesem Artikel gebe ich dir schon mal einen Schritt-für-Schritt-Anleitung, mit der du die Übung lernen kannst. Jetzt Kreuzheben lernen.

 

Beherrschst du Kreuzheben sicher, wirst du ohne Probleme schwere Mehlsäcke rückengerecht heben können.

 

Achte dann noch darauf, die Wirbelsäule gleichmäßig links und rechts zu belasten und Rückenprobleme bei Bäckern gehören der Vergangenheit an.


Ursache 5: Fußfehlstellungen durch falsches Schuhwerk

Durch den übermäßig sitzenden Lebensstil unserer Gesellschaft entstehen mannigfaltige Probleme. Grund dafür: Ab der ersten Klasse sitzen wir viel. Wichtige Muskeln – allen voran unser Gesäß – wird systematisch geschwächt.

 

Die Folgen sehen wir auf und ab der kinetischen Kette: Rückenschmerzen, Nackenverspannungen, Knieprobleme und auch Fußfehlstellungen.

 

Die Lösung? Einlagen. Diese sollen die Statik des Körpers ausgleichen.

 

Die Sache hat nur einen Haken: Durch die externe Unterstützung muss der Körper noch weniger Arbeit verrichten. Die sehr clevere Lösung: Andere Einlagen. Und so beginnt ein Teufelskreis.

 

Versteh mich nicht falsch: Einlagen können zunächst eine gute Unterstützung sein.

 

Doch zusätzlich ist es eine gute Idee, die Fußgewölbe zu stabilisieren und die Fußstellung zu korrigieren.

 

Den beiden häufigsten Fußfehlstellungen – dem Entenfuß und dem Plattfuß – habe ich bereits einen Artikel gewidmet. Schau mal hier und hier.

 

Auch das richtige Schuhwerk spielt da mit hinein. Und was ist das beste Schuhwerk? Es kommt drauf an.

 

An sich ist es eine gute Idee, Schuhe zu tragen, die leicht gepolstert sind. Der klassische Converse Sneaker ist von der Sohle her optimal.

 

Zusätzlich darfst du darauf achten, dass die Sohle gleichmäßig ist, d.h. Zur Ferse hin nicht erhöht.

 

Erhöhte Fersen verändert die Statik des kompletten Körpers und können Rückenschmerzen fördern. Zusätzlich wird die Mobilität des Sprunggelenks eingeschränkt.

 

Weiterhin darfst du darauf achten, dass du Schuhe zu den Zehen hin nicht spitz zulaufen. So beugst du einem Hallux Valgus vor. Einer schmerzhaften Gelenkverschiebung des großen Zehs.

 

Orientiere dich bei Schuhen an den Converse Sneakern. Diese sind optimal.


Übungen gegen  Beschwerden und Rückenprobleme bei Bäckern

Körperliche Beschwerden und Rückenprobleme sind stets komplexen Zusammenhängen unterworfen. Es bedarf dazu häufig eines Zusammenspiels von Kraft und Mobilität.

 

Auf jedes Erscheinungsbild einzugehen, würde den Rahmen dieses Artikels um ein vielfaches sprengen.

 

Ich möchte dir dennoch eine handvoll Übungen mitgeben, mit denen du an den häufigsten Dysbalancen arbeiten kannst.

Übung 1: Der Bogen

Der Bogen ist eine Übung, die der gebeugten Haltung entgegenwirkt und in die Streckung bringt. Sie kann gut und gern immer mal wieder zwischendurch gemacht werden, um einseitigen Tätigkeiten entgegenzuwirken.

 

Stelle dich dazu hüftbreit hin. Hebe die Arme über den Kopf und spreize die Finger. Gehe leicht in die Knie und lehne dich aus der Hüfte heraus nach hinten.

 

Halte die Position für 5-10 tiefe Atemzüge.

 

Eventuell wirst du beginnen zu zittern. Das ist okay. Halte die Position. Wiederhole die Übung für 2-3 Durchgänge.

 


Übung 2: Der Deadhang

Der Deadhang ist eine einfache Übung, um die Brustwirbelsäule und Schultergelenke zu mobilisieren. Zusätzlich werden die Wirbelkörper dekomprimiert, was als sehr angenehm empfunden wird und gut für die Bandscheiben ist.

 

Hänge dich dazu an eine Klimmzugstange oder etwas Vergleichbares und lasse dich hängen. Versuche, die Muskeln abwärts der Schultern bewusst zu entspannen.

 

Vielleicht spürst du, wie es dich in die Länge zieht. Halte die Position für 30-60 Sekunden. Auch diese Übung kannst du über den Tag verteilt immer wieder ausführen, um Rückenproblemen vorzubeugen.

 


Übung 3: Die tiefe Hocke

Die tiefe Hocke ist eine sehr natürlich Position. Kinder machen sie automatisch. In östlichen Ländern entdeckt man Erwachsene in der Hocke auf den Bus warten. Und die natürliche Position für das große Geschäft ist die tiefe Hocke. Es muss also etwas dran sein.

 

Stelle dich dazu etwa schulterbreit auseinander hin. Die Zehen zeigen leicht nach außen.

 

Senke dein Gesäß ab und halte die Fersen auf dem Boden. Versuche dich in dieser Position zu entspannen.

 

Prof. Dr. Stuart McGill empfiehlt, mindestens einmal am Tag in die tiefe Hocke zu gehen, um die Muskeln in der Hüfte geschmeidig zu halten.

 

Denn geht es um Rückenschmerzen, dürfen wir immer auch in das Becken und die Hüfte schauen. Grund genug, einmal in die Hocke zu gehen.

 

 

 

In meinem kostenlosen E-Book findest weitere Übungen für den myofaszialen Release, um unspezifische Rückenschmerzen beheben zu können. Hier erfährst du mehr.


Wie solltest du als Bäcker mit Rückenproblemen umgehen?

Ganz allgemein gilt: Treten Schmerzen im Körper auf, die nicht erklärbar sind, ist ein Fachmann aufzusuchen. Insbesondere bei Rückenschmerzen gilt das.

 

Denn die Komplexität des Rückens macht es unmöglich, in einem kurzem Artikel zu erläutern, was da genau vor sich geht.

 

Treten Rückenschmerzen akut auf, kann eine kurze Pause genügen, um wieder fit zu werden. Treten die Probleme länger als 6 Wochen auf, lässt sich bereits von chronischem Schmerzen sprechen.

 

Dann sollte in jedem Fall ein Arzt konsultiert werden.

 

Rückenprobleme bei Bäckern sind keine Seltenheit. Damit ist auch nicht zu spaßen und sollte in keinem Fall ignoriert werden. Wir haben nur diesen einen Körper und diesen sollten wir pflegen so gut wir können.

 

Dazu gehören einfache Übungen, die vorbeugend ausgeführt werden. Dazu gehört das Erlernen der richtige Hebe-Technik (Siehe Kreuzheben). Dazu gehört ebenso ein Arztbesuch, wenn etwas im Argen liegt.

 

Ich weiß, wir opfern für den Beruf gern unsere Gesundheit. Doch ich möchte hiermit ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Gesundheit vorgeht. Immer. Denn ohne Gesundheit ist arbeiten nicht mehr möglich.


Körperliche Beschwerden und Rückenprobleme bei Bäckern - Ein Fazit

In diesem Artikel haben wir den häufigsten Tätigkeiten im Handwerksberuf des Bäckers auf den Zahn gefühlt und einige Lösungsansätze gefunden, mit denen sich die körperlichen Probleme lösen lassen.

 

Zusätzlich haben wir drei Übungen kennengelernt, mit denen viele der einseitigen Belastungen ausgeglichen werden können. Diese dürfen gern präventiv eingesetzt werden bevor sie rehabilitativ notwendig werden.

 

Ich wünsche dir viel Erfolg mit den Übungen und einen schmerzfreien Körper!


Felix Kade

 

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  • endlich schmerzfrei
  • Rückenschmerzen los
  • endlich wieder fit

 

Felix Kade ist Experte für schmerzfreies Training. Er gibt sein Wissen als Trainer, Dozent und Autor auf www.felixkade.de weiter, um seinen Kunden wieder Freude an Bewegung zu geben.

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Marcus Bayer (Montag, 02 April 2018 16:26)

    Moin Moin und frohe Ostern,

    ich bin ehrlich gesagt überrascht das sie auf Ihrer Seite ein solch breites Themengebiet ansprechen. Super :-) Beim Thema Rundrücken bin ich wohl das beste Beispiel. Ich freue mich auf weitere tolle Artikel hier und wünsche ihnen und ihr Team ein frohes Osterfest.

    Ps: Auf meine letzte Anfrage bezüglich Legasthenie meinten sie das die Produkte noch dieses Jahr veröffentlicht werden. Darf man fragen wann mit der Veröffentlichung zu rechnen ist?

  • #2

    jonny (Mittwoch, 25 April 2018 19:39)

    Die sind alle so Gscheit,da kann man nix mehr dazu sagen ,ich habe sei50 Jahren Rückenschmerzen,und kein Quaksalber bekommt sie Weg ????

  • #3

    Bernd (Mittwoch, 25 April 2018 20:56)

    Ich habe über all die Jahre hinweg öfters mit dieser Problematik zu tun gehabt. Habe auch jetzt zwei Lehrlinge mit körperlichen Beschwerden, eine hat Skoliose und der andere Scheuermann. Wir arbeiten schon seit Jahren mit einer Physiotherapie zusammen und meiner Meinung sollten das mehrere Bäcker tun. Herr Kade setzt vor allem auf Prävention und ich finde seine Herangehensweise lobenswert. Hochachtungsvoll, Bernd. S

  • #4

    Beschter (Freitag, 27 April 2018 20:13)

    Ein sehr wichtiger Beitrag, vielen Dank

  • #5

    Eastback (Montag, 03 September 2018 09:43)

    Hallo, danke für den tollen und hilfreichen Artikel. Ich habe selbst einen sehr krassen Senkfuß und habe mir jetzt sehr gute aber teure Arbeitsschuhe gekauft in denen auch Einlagen reinpassen. Ich bin momentan mit einem Atlas Schuh sowie Schuheinlagen und Bandagen unterwegs. Ich habe auch alles mit einem Sportarzt und Orthopäden abgestimmt. Ich kann das wirklich nur jedem empfehlen, der auch in Zukunft leistungsfähig bleiben möchte. Liebe Grüße aus Schneeberg